Digitalisierung und Steuerung - Nestra Modellstraßenbahn

Strassenbahn im Modell
Abwechslungsreicher Verkehr auf kleinen Gleisen
H0
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Digitalisierung
Nach langer Beobachtungszeit stand fest, die H0-Anlage in der bestehenden  Ausbauform zu digitalisieren. Die Anlagenteile selber wurden nicht  umgebaut. Wie im bisherigen analogen Betrieb wird konsequent mit  Oberleitung und durchverbundenen Schienen gefahren. Diese Betriebsform  ist auch digital mit gleicher Funktionssicherheit gegeben.

Zur Anwendung kommt das Easy Control System der Firma Tams aus Hannover. Entscheidend waren dabei neben den auch preislich interessanten Lokdekoder die hauseigene Vielfalt an Steuerelektronik.

Technischer Aufbau

Die Anlage ist durchgehend in Sternpunktverkabelung ausgeführt. Jedes Modul ist autark verkabelt und über geschirmte Multipinkabel einzeln zum Stellpult verbunden. Verwendet wurden damals 25polige Sub-D-Stecker, die sich auch für  Digitalsignale eignen. Alle elektrische Funktionen sind diskret in  einem Pultwagen ausgeführt, die Module beinhalten keinerlei Elektronik.

Das bestehende analoge Stellpult wurde in  einer zweiten und dritten Ebene um Digitalmodule erweitert. So ist es  immer noch möglich zwischen beiden Betriebsarten zu wechseln. Im Digitalbetrieb haben die mechanischen Schalter und Fahrregler am Stelltisch keine Bedeutung und sind alle aus- bzw. neutralgeschaltet.

Die  Modellfahrzeuge sind vorzugsweise mit dem Tams-Dekoder LD-G32  (Multiprotokoll mit RailCom) oder dem Nachfolgeprodukt LD-G42 ausgerüstet. Diese bieten mindestens zwei  Sonderfunktionen, die für die bisherigen Modelle mit ihren sehr übersichtlichen Beleuchtungsmöglichkeiten gut ausreichen.

Für den digitalen Betrieb der Bestandsanlage wurden die folgenden Module verbaut:
1x
Tams Master Control
Zentraleinheit mit direkter Steuermöglichkeit für ein angewähltes Fahrzeug und USB-/Seriell-Anschluß zum PC zur Softwaresteuerung
1x
Tams Hand Control
Handregler mit langem Anschlußkabel zur ortsungebundenen Bedienung eines Fahrzeugs entlang der Anlage
3x
Tams Booster B-3
Stromversorgung der Anlage mit Digitalsignal. Dafür ist die Anlage elektrisch in zwei Grundbereiche (oben/unten) aufgeteilt. Der dritte Booster dient als Reserve.
5x
Tams Weichendekoder WD-34
Ansteuerung der einzelnen elektrischen Weichen
19x
Tams Gleisbesetztmelder GBM-1
modifiziert mit einem Festspannungsregler wegen unzureichender Spannungsaufbereitung durch den Hersteller, was Fehlmeldungen zur Folge hatte
5x
Tams Rückmelder S88-3(N)
„Einlese-Interface” für den PC, um den Belegzustand der Gleisbesetztmelder für das Steuerprogramm zu erfassen
Elektrische Verbindungen

Von Anfang an war eine automatische Steuerung durch einen PC vorgesehen. Dadurch waren Rückmelder für alle Streckenabschnitte geplant worden. Auf der Anlage sind die Gleise in Abschnitte unterteilt und die Oberleitung ist durchgehend isolationsfrei verlegt. Die Schienenabschnitte sind dadurch als Rückmelder gegen Bezugsmasse ausgelegt.

Sowohl  die Rückmelder, als auch die Schaltdekoder für Weichen besitzen eine  eigene galvanisch von der Anlage getrennte Stromversorgung. Die Booster erhalten ebenfalls über eigene Transformatoren eine galvanisch getrennte Spannungsversorgung. Ausgangsseitig ist einer der beiden Anschlüsse am Gleis gleichzeitig mit der gemeinsamen Bezugsmasse verbunden. Auch die Weichendekoder sind an einen Booster angeschlossen, die damit auch die  Bezugsmasse definiert bekommen.

So ist bei allen Bausteinen  sekundär jeweils eine Spannungsseite als Bezugsmasse definiert. Das ist  wichtig, da im Fehlerfall durch den Geräteverbund ansonsten undefinierbare Schalt- oder Funktionszustände passieren können. Eine  nachträgliche Fehlersuche gestaltet sich bei solchen meist komplexen Fehlern schwierig, weshalb sich der konzentrierte saubere Aufbau hinterher auszahlt.

Weichenansteuerung

Die eigens dafür ausgelegten Weichendekoder besitzen eine eigene unabhängige Spannungsversorgung. Weiterhin können die Weichen  über das analoge Stellpult mit den dortigen Tastern über die unabhängige Weichenspannung geschaltet werden. Das ist für den rechnergesteuerten Automatikbetrieb nicht ganz uninteressant, können so unabhängig einer Steuerung die Weichen für manuelle Spontanfahrten selber gestellt werden.

Eine unangenehme Eigenschaft besitzen die verwendeten Weichendekoder von Tams:

Sie  schalten die Ausgänge nur mit einer Halbwelle. Das reicht zwar für die Weichenantriebe von Roco aus, die Doppelspul-Antriebe von Fleischmann z.B. werden damit aber nicht mehr sicher geschaltet. Der Dekoder schaltet für diese Weichen nun stattdessen ein Relais anstelle der Weiche. Auf der Kontaktseite des Relais wird die analoge Weichenspannung als Vollwelle durchgeschaltet, wie beim Druck auf den Weichentaster des analogen Stellpults.

Programmiergleis


Zur Programmierung eines Lokdekoders ist ein bisher schon vorhandenes Abstellgleis am Anlagenrand als Programmiergleis nutzbar. Neben dem bereits isolierten Schienenabschnitt dieses Gleises, wurde auch die Oberleitung mit dem einzigen Fahrdrahtisolator der Anlage ausgestattet. Beide Verbindungen führen über einen doppelpoligen Umschalter im Stellpult. So kann wahlweise Fahrspannung oder die beiden Programmiergleisanschlüsse der Digitalzentrale geschaltet werden.
Erfahrungen mit den Tams-Elektronikmodulen

Im  Zusammenspiel der Elektronikbausteine von Tams  Elektronik gab es keine  großen Probleme. Jedoch sind an einigen Modulen Auffälligkeiten  aufgetreten, die nur durch Modifikation sicher gelöst werden konnten.

GBM-1

Die Belegterkennung des Vierfachbausteins beruht auf Erkennung einer Spannungsdifferenz im Baustein. Voraussetzung dafür ist natürlich eine halbwegs stabile Spannungsversorgung, damit die verschiedenen Gleiskreise auch unabhängig voneinander reagieren. Bei zahlreichen Modulen ist dieses nicht der Fall, ein aktivierter Meldekreis löst gleich alle vier Melder aus. Ursache ist der Zusammenbruch der instabilen Versorgungsspannung mit Wechsel des Strombedarfs innerhalb der Platine. Abhilfe war der Austausch der einfachen „Dioden-/Widerstand-/Kondensator-Glättung” durch einen kleinen Festspannungsregler.

GBM-8

Die sichere Meldeeigenschaften des GBM-8 sind sehr unterschiedlich in Abhängigkeit der angeschlossenen Kabel- und Gleislänge. Die Schaltung fängt sich hochfrequente Störsignale auch über das als Antenne wirkende Gleis ein. Abhilfe war ein zusätzlicher Keramikkondensator mit ca. 100pF, der über die auslösende Transistorstrecke hochfrequente Störungen kurzschließt.

Als zweite Eigenschaft ist der mindestens erforderliche Stromverbrauch eines auszulösenden Modellfahrzeugs zu nennen. Ruheströme unter 15 mA lösen den Melder nicht sicher aus. Gerade stehende Fahrzeuge verschwinden sehr gerne vom Melder. Abhilfe ist in allen betroffenen Fahrzeugen mit zu geringem Stromverbrauch im Stand ein paralleler Widerstand mit ca. 1 kOhm als zusätzlicher Verbraucher im Wagen.
Rechnersteuerung

Mit der Digitalisierung von Strecken und Fahrzeugen sollte es möglich werden, einen straßenbahntypisch dichten Betriebsablauf auch rechnergesteuert abzuwickeln.

Einzelne Linienfahrzeuge, Streckenabschnitte oder gar die gesamte Anlage können softwaregesteuert ablaufen. Thementypisch sind zahlreiche Fahrbewegungen in kurzer Folge und kurzen Fahrzeugabständen mit „Fahren auf Sicht” umzusetzen. Unabhängig davon ist es möglich, händisch gefahrene Fahrzeuge im Gesamtverbund bewegen zu können. Die automatische Fahrten müssen natürlich auf solche „Störungen” Rücksicht nehmen.

Die Entscheidung fiel auf das Programm Win-Digipet von Peter Peterlin, anfangs in der Version PE 2012, mittlerweile nach einigen zyklischen Updates in der Version PE 2021.

Als Vorarbeit waren alle Betriebsparameter zu ermitteln und einzugeben. Das beinhaltet Streckenprofil mit den möglichst längenmäßig exakt ermittelten Gleisrückmeldeabschnitten und elektrisch schaltbaren Weichen, aber auch alle möglichen Fahrstraßen inklusive kleinteiliger Teilstrecken für das „Fahren auf Sicht”.  Auch die unterschiedlichen Fahreigenschaften jedes einzelnen der einsetzbaren Modelle sind durch individuelles Einmessen der fahrdynamischen Eigenschaften zu berücksichtigen.
Erfahrungen mit der PC-Steuerung

Die anfänglichen Bedenken bezüglich Genauigkeit der Haltepunkte durch die aus analoger Zeit übernommenen . teilweise für einen Digitalbetrieb recht ungünstig ausgeführten - Streckenabschnitten wurden in der Praxis schnell  zerstreut.

Mit sauber eingemessenen Triebfahrzeugen und aktiviertem Lastausgleich der eingebauten Dekoder ist eine erstaunlich gute  Haltegenauigkeit gegeben. Abweichungen im Bereich nur weniger  Zentimeter ergeben sich tatsächlich nur bei längerer Betriebszeit, wenn die Motoren  durch Betriebswärme ihre Eigenschaften verändern.

Der  echte Oberleitungsbetrieb wurde auch im Digitalbetrieb beibehalten.

Saubere Gleise sind auch im Digitalbetrieb unverzichtbar. Mit  regelmäßigem Einsatz des vorhandenen Schleifzuges auch im laufenden Betrieb als manuell gesteuertes Triebfahrzeug ist dieser Umstand sehr gut in Griff zu bekommen. Der Digitalbetrieb mit funktionsfähiger Oberleitung ist aus eigener Erfahrung nicht kritischer als bei reiner Schienenversorgung.
(C) Nestra 2023
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